Objektplaner muss sich mit der Nachbarbebauung befassen!
(OLG Jena, Urteil vom 17.09.2015 – 1 U 531/14; BGH, Beschluss vom 30.08.2017 – VII ZR 245/15 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
Der Objektplaner muss sich mit den Auswirkungen des Bauvorhabens auf die Nachbarbebauung befassen. Es gehört zu den Grundkenntnissen des Objektplaners, dass mit dem Bauvorhaben der Gründungshorizont einer bereits bestehenden Nachbarbebauung beeinflusst wird.Es gehört weiter zu den Grundkenntnissen des Objektplaners, dass das Rammen und Ziehen von Spundwänden massive Erschütterungen und Setzungen mit sich bringen kann.
Weder das Baugrundgutachten noch die Planung des Ingenieurs enthielten eine Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit die vorhandene Nachbarbebauung durch das Bauvorhaben beeinflusst und in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Dies stellt einen gravierenden Planungsfehler des Ingenieurs dar.
Der Ingenieur verletzt seine Hinweispflicht, weil er nicht auf das unvollständige Gutachten hinweist. Wäre dies sein einziger Fehler, müsste angesichts der Glasfassaden-Entscheidung (BGH, Urteil vom 27.11. 2008 – VII ZR 206/06, IBRRS 2009, 0005) über eine Kürzung des Anspruchs des Bauherrn nachgedacht werden. Es liegt darüber hinaus aber auch ein eigener Planungsfehler des Ingenieurs vor, da dieser versäumte, in seiner Planung selbst die Nachbarbebauung zu berücksichtigen. Dies steht nicht im Zusammenhang und erst recht nicht in Abhängigkeit zum Baugrundgutachten. Für die eigene fehlerhafte Planung haftet der Ingenieur in voller Höhe. Neben dem Ingenieur haftet auch der Baugrundgutachter: Es liegt eine Gesamtschuld zwischen den Beteiligten vor: beide Pflichtverletzungen haben zum entstandenen Schaden geführt. Dem Ingenieur steht daher ein Regressanspruch aus § 426 Abs. 1 BGB gegen den Baugrundgutachter zu, so dass zwischen den Beteiligten eine Haftungsquote nach Verursachungs- und Verantwortungsanteilen zu bilden sein wird.