7. Dezember 2016
Gesellschafterversammlungen: Wer darf teilnehmen bzw. vertreten?
Gesellschaftsrecht
(OLG Dresden, Urteil vom 25.08.2016 – 8 U 347/16)
Streitigkeiten unter Gesellschaftern sind häufig von dem Streit darüber begleitet, wer an der Versammlung teilnehmen kann – nur der Gesellschafter persönlich oder sein Vertreter oder daneben auch ein Begleiter. Das OLG Dresden (8 U 347/16) hat sich in einem Urteil vom 25.08.2016 mit dieser Frage auseinander gesetzt. Es ging um die Einziehung des Anteils eines Gesellschafters an einer GmbH; der betroffene Gesellschafter wollte sich in der Gesellschafterversammlung vertreten lassen. Das OLG Dresden fasst die maßgebende Grundsätze wie folgt zusammen:
- Das Teilnahmerecht des Gesellschafters an der Gesellschafterversammlung, dem zentralen Willensbildungsorgan in der GmbH, gehört zum Kernbereich seiner Mitgliedschaftsrechte und ist Voraussetzung für die Ausübung des Stimmrechts.
- Das Teilnahmerecht hängt nicht davon ab, ob der betreffende Gesellschafter in Bezug auf den angekündigten Beschlussgegenstand ein Stimmrecht hat oder ob er von einer Stimmabgabe – wie bei der Einziehung seiner Gesellschaftsanteile – ausgeschlossen ist; das Teilnahmerecht sichert den Anspruch des Gesellschafters auf Anhörung und Stellungnahme zu Beschlussgegenständen und soll ihm ermöglichen, auch im Falle eines Stimmrechtsausschlusses die Willensbildung der übrigen Gesellschafter wirksam zu beeinflussen.
- Angesichts der Bedeutung des Teilnahmerechts ist es im Kern unentziehbar.
- Sieht der Gesellschaftsvertrag keine höchstpersönliche Ausübung von Gesellschafterrechten vor, darf sich jeder Anteilsinhaber vertreten lassen. Beschränkungen der Zulassung eines Vertreters sind nur bei Vorliegen besonderer Umstände oder eines wichtigen bzw. ihm gleichkommenden sachlichen Grunds anzuerkennen.
- Lässt sich ein Gesellschafter in der Gesellschaftsversammlung vertreten, hat er in der Regel keinen Anspruch darauf, daneben selbst an der Versammlung teilnehmen zu dürfen.
Der Gesellschafter, der schwerwiegende Entscheidung zu seinen Ungunsten befürchtet, wird in der Regel selbst teilnehmen wollen und sich zugleich durch seinen Berater begleiten zu lassen, um sofort in der Gesellschafterversammlung reagieren zu können. Auch hierzu nimmt das OLG Dresden Stellung:
- Übt ein Gesellschafter sein Teilnahmerecht und sein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung selbst aus, ist grundsätzlich keine Hinzuziehung von dritten Personen als Berater, Unterstützer oder Zeugen vorgesehen. Eine Teilnahmebefugnis von Sachverständigen, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten besteht daher nur, wenn dies in der Satzung vorgesehen ist oder die Zulassung durch ein Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung erfolgt ist.
- Ausnahmsweise kann sich eine Teilnahmebefugnis von Begleitern neben dem Gesellschafter aus Treuepflichten der übrigen Gesellschafter ergeben. Dies wird insbesondere bei anstehenden schwerwiegenden Entscheidungen der Fall sein können, wenn es dem Gesellschafter an der erforderliche Sachkunde fehlt. Maßgebend sind demzufolge die persönlichen Verhältnisse des Gesellschafters, die Struktur der Gesellschaft und der Gesellschafter sowie die Bedeutung des Beschlussgegenstands.
Bisweilen eskalieren Streitigkeit so sehr, dass mithilfe des Hausrechts versucht wird, die Teilnahme missliebiger Gesellschafter oder ihrer Vertreter durch Ausübung des Hausrechts zu verhindern. Auch dazu hat das OLG Dresden eine klare Meinung:
- Das Hausrecht wird durch die Teilnahmerechte von Gesellschaftern und ihrer Vertreter bzw. Begleiter weder verdrängt noch eingeschränkt. Wird einer zur Teilnahme berechtigten Person jedoch vom Hausrechtsinhaber der Zutritt zum Versammlungsort versagt, darf dort keine Gesellschafterversammlung abgehalten werden.