30. April 2021

Miete für den Rest-Eröffnungsmonat ist im Insolvenzverfahren Masseverbindlichkeit

Insolvenzrecht

(BGH, Urteil vom 11.03.2021 – IX ZR 152/20)

Bei einem Mietvertrag über einen unbeweglichen Gegenstand ist in der Insolvenz des Mieters die Mietforderungen für den Monat, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wird, in dem Umfang Masseverbindlichkeit, der dem ab der Verfahrenseröffnung verbleibenden Teil des Monats entspricht.

10. April 2021

Stockende Zahlungen sind kein Indiz für Zahlungsunfähigkeit!

Insolvenzrecht

(LG Frankfurt, Beschluss vom 07.12.2020 – 22 W 56/20)

1. Bei der Beurteilung von Indizien, die auf eine Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners hindeuten könnten, sind die Besonderheiten der Baubranche zu berücksichtigen.
2. Kommt es bei einem Bauunternehmer gegenüber einem Baustofflieferanten zu vorübergehenden Zahlungsstockungen, so lässt dies keinen Schluss auf die Kenntnis des Lieferanten von der Zahlungsunfähigkeit zu.
3. Auch die Nichtzahlung der Rechnungen trotz Mahnung begründet keine Kenntnis des Baustofflieferanten.

10. Januar 2021

Bieter insolvent: Insolvenzverwalter muss Erfüllungsbereitschaft anzeigen!

Insolvenzrecht

(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.07.2020 – Verg 17/16)

1. Der Anspruch auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens gehört zur Insolvenzmasse, weil er eine vermögenswerte Aussicht auf den Abschluss eines gewinnbringenden Rechtsgeschäfts eröffnet.
2. Der Insolvenzverwalter muss – in seiner Funktion als Rechtsnachfolger des insolventen Bieters – darlegen, dass der Bieter sein operatives Geschäft trotz Zahlungsunfähigkeit fortführen wird und dass weiterhin ein Interesse an der Erbringung der streitgegenständlichen Leistungen besteht. Andernfalls ist der Nachprüfungsantrag mangels Antragsbefugnis zurückzuweisen.

13. Mai 2017

BGH erneut zur Vorsatzanfechtung gemäß § 133 InsO zu Ratenzahlungen

Insolvenzrecht

(BGH, Urteil vom 17.11.2106 – IX ZR 65/15)

Zahlt ein Schuldner in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit und ist dies dem Gläubiger bekannt, so kann der Insolvenzverwalter diese Zahlungen wegen Gläubigerbenachteiligung anfechten und zur Masse einziehen. Einmal mehr hat der BGH seine anfechtungsfreundliche Rechtsprechung bestätigt, die es dem Gläubiger in der Insolvenz erschwert, Zahlungen des Schuldners zu behalten, die dieser an ihn in der Krise geleistet hat. Dieser muss die Vermutung widerlegen, die Zahlungsunfähigkeit nicht gekannt zu haben. Eine Zahlungseinstellung wirkt so lange fort, so der BGH, bis der Schuldner den wesentlichen Teil seiner Verbindlichkeiten wieder allgemein bedient. Das zu beweisen, wird dem Gläubiger in der Regel kaum möglich sein; es genügt also nicht, wenn die Zahlungen ihm gegenüber wieder aufgenommen werden, mag dies auch über einen längeren Zeitraum geschehen sein.

29. März 2016

BGH erneut zur Vorstatzanfechtung gemäß § 133 InsO bei Ratenzahlungsvereinbarung

Insolvenzrecht

(BGH, Urteil vom 25.02.2016 – IX ZR 109/15)

Wer sich auf Ratenzahlungen einlässt, hofft, den Verlust seiner Forderung abwenden zu können. Bei späterer Insolvenz des Schuldners erweist sich diese Hoffnung allerdings häufig als trügerisch, wenn der Insolvenzverwalter die Ratenzahlungen anficht und zur Masse einfordert.

Diese Erfahrung musste auch ein Unternehmer machen, der auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs Teilzahlungen erhalten hatte. In seinem Urteil vom 25.02.2016 (IX ZR 109/15) hat der BGH die Voraussetzungen für eine Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO) bejaht. Der lange Zeitraum zwischen Fälligkeit der Forderung und den Teilzahlungen erst nach Einleitung gerichtlicher Maßnahmen deute, so der BGH, auf schwerwiegende Liquiditätsprobleme hin, also auf Zahlungsunfähigkeit. Solche Zahlungen nehme der Schuldner mit Benachteiligungsvorsatz vor, weil er wisse, dass sein Vermögen nicht zur Befriedigung aller Gläubiger ausreiche. Der bevorzugte Gläubiger wiederum erkenne aus der Einstellung der Zahlungen dessen Zahlungsunfähigkeit; diese Kenntnis werde durch Teilzahlungen nicht beseitigt.

28. März 2016

BGH: Anspruch auf Mängelbeseitigung trotz fehlender Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters?

Baurecht und Architektenrecht, Insolvenzrecht

(OLG Frankfurt, Urteil vom 04.02.2014 – 5 U 63/12; BGH, Beschluss vom 08.10.2015 – VII ZR 51/14 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen))

Ansprüche auf Erfüllung eines beiderseits noch nicht vollständig erfüllten Werkvertrags sind in der über das Vermögen des Bestellers eröffneten Insolvenz in ihrer Durchsetzung gehemmt. Daher kann der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Bestellers nicht Vorschuss auf die Kosten der Mängelbeseitigung und auch nicht Schadensersatz statt der Leistung vom Unternehmer verlangen, wenn der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrags nicht gewählt bzw. diese abgelehnt hat.

2. Januar 2016

BGH zum SCHUFA-Hinweis von Inkassounternehmen

Allgemein, Insolvenzrecht

(BGH, Urteil vom 19.03.2015 – I ZR 15/13)

Inkassounternehmen „drohen“ im Zusammenhang mit Zahlungsaufforderungen häufig, die SCHUFA über die Verbindlichkeit mit den daraus erwachsenden Nachteilen für die Kreditfähigkeit zu informieren, wenn die geltend gemachte Forderung nicht fristgerecht beglichen wird. Nicht selten handelt es sich hierbei um Ansprüche aus zweifelhaften Rechtsverhältnissen, etwa solchen, die aus dem Anklicken von Internetseiten hergeleitet werden. Oft wird bei kleineren Beträgen auf eine solche Ankündigung hin Zahlung geleistet, um die vermeintlichen Nachteile zu verhindern. In seiner Entscheidung vom 19.03.2015 (I ZR 15/13) hat der BGH dem inzwischen Grenzen gesetzt und klargestellt, dass § 28 a Abs. 1 BDSG nicht bezweckt, Gläubigern ein Druckmittel zu verschaffen. In dieser datenschutzrechtlichen Bestimmung werden die Voraussetzungen für die Weitergabe von Schuldnerdaten im Einzelnen geregelt. Inkassounternehmen bzw. Gläubiger müssen nunmehr bei einer Zahlungsaufforderung deutlich darauf hinweisen, dass bereits das bloße Bestreiten der Forderung die Weiterleitung der Schuldnerdaten die die SCHUFA sperrt.

26. März 2015

§ 8 Abs. 2 VOB/B ist nach § 119 InsO unwirksam!

Baurecht und Architektenrecht, Insolvenzrecht

(OLG Frankfurt, Urteil vom 16.03.2015 – 1 U 38/14 – nicht rechtskräftig)

Im Rechtsstreit zwischen einem Auftraggeber und einem Vertragserfüllungsbürgen kommt es darauf an, ob die vom Auftraggeber in dem Bauvertrag gestellte Klausel des § 8 Abs. 2 VOB/B wirksam ist. Das OLG Frankfurt bejaht diese in Rechtsprechung und Literatur sehr umstrittene Frage: § 8 Abs. 2 VOB/B ist bereits aus insolvenzrechtlichen Gründen wegen Verstoßes gegen § 119 InsO unwirksam. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH (IBR 2013, 278), der das OLG schon aus Gründen der Rechtssicherheit folgt, sind Lösungsklauseln in Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren und Energie, die an den Insolvenzantrag oder die Insolvenzeröffnung anknüpfen, nach § 119 InsO unwirksam, weil sie im Voraus das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO ausschließen. Um die Vorschrift des § 119 InsO in der Praxis nicht leerlaufen zu lassen, hat der BGH ihr eine Vorwirkung jedenfalls ab dem Zeitpunkt zuerkannt, in dem wegen eines zulässigen Insolvenzantrags mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ernsthaft zu rechnen ist. Diese Erwägungen sind auf den Bauvertrag mit der Konsequenz zu übertragen, dass § 8 Abs. 2 VOB/B unwirksam ist. Hierzu referiert das OLG die neuere Rechtsprechung und Literatur und weist darauf hin, dass ältere gegenteilige Rechtsprechung durch das Urteil des BGH überholt ist. Die Erwägungen des BGH in seinem auf einen Energielieferungsvertrag bezogenen Urteil sind so allgemein gefasst, dass sie sich auch auf andere Verträge, auf die § 103 InsO anzuwenden ist, insbesondere den Bauvertrag, übertragen lassen. § 8 Abs. 2 VOB/B ist eine insolvenzabhängige Lösungsklausel, da das Kündigungsrecht nicht an Verzögerungen bei der Bauausführung, eine Einstellung der Arbeiten oder andere Vertragsverletzungen des Auftragnehmers, sondern ausschließlich an insolvenzspezifische Umstände anknüpft. Das Gesetz kennt eine vergleichbare Lösungsmöglichkeit nicht. Das freie Kündigungsrecht des Bestellers nach § 649 Satz 1 BGB ist mit dem durch § 8 Abs. 2 VOB/B eingeräumten Sonderkündigungsrecht in Bezug auf die Rechtsfolgen nicht im Ansatz vergleichbar.
Das OLG Frankfurt hat im Hinblick darauf, dass die Frage der Wirksamkeit des § 8 Abs. 2 VOB/B höchst streitig und klärungsbedürftig ist, die Revision zugelassen.

31. Januar 2015

Haftung des Geschäftsführers in der Unternehmensinsolvenz

Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht

(BGH, Urteil vom 18.11.2014 – II ZR 231/13)

 
Zahlungen, die die Masse nach Insolvenzreife des Unternehmens schmälern, begründen die Haftung des Geschäftsführers. In der Entscheidung vom 18.11.2014 hat der BGH (II ZR 231/13) diese Grundsatz nunmehr eingeschränkt. Die Ersatzpflicht besteht nicht, wenn durch die Zahlung im unmittelbaren Zusammenhang ein Ausgleich durch Mehrung der Masse eintritt. Nicht entscheidend ist ferner, ob der auf Grund der geleisteten Zahlung eingetretene Vermögenszuwachs bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch vorhanden ist. Bisher kam es nach der Rechtsprechung hierauf nicht an.

17. Januar 2015

Wird auch der nicht besitzende Mieter in der Vermieterinsolvenz geschützt?

Insolvenzrecht

(BGH, Urteil vom 11.12.2014 – IX ZR 87/14)

In der Insolvenz des Vermieters besteht das Mietverhältnis nicht mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort, wenn es in Vollzug gesetzt war, der Mieter aber den Besitz an der Wohnung bei Insolvenzeröffnung wieder aufgegeben hatte (Ergänzung zu BGHZ 173, 116). Ist der Mieter während der Sanierungsarbeiten freiwillig in eine Ersatzwohnung gezogen, so hat er den Besitz auf den Vermieter übertragen; der Mieter ist dann weder mittelbarer noch unmittelbarer Besitzer. Gilt § 108 Abs. 1 InsO mangels Besitz des Mieters an der Wohnung nicht, so unterfällt der Mietvertrag dem Wahlrecht des Verwalters nach § 103 Abs. 1 InsO.