Ausgleich von Minusstunden bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses
(LAG Nürnberg, Urteil vom 19.5.2021 – 4 Sa 423/20)
Die Parteien streiten im Nachgang zu einem Kündigungsschutzprozess nach außerordentlich fristloser Kündigung über Rückforderungsansprüche der beklagten ehemaligen Arbeitgeberin (Beklagte) wegen Minusstunden gegenüber dem Kläger. Ein Vergleich sah eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund ordentlicher Kündigung sowie eine unwiderrufliche Freistellung des Klägers bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Fortzahlung der Vergütung vor. Urlaubsansprüche und ein etwaiges Zeitguthaben sollten eingebracht sein. Die Beklagte sagte zudem eine ordnungsgemäße Abrechnung unter Berücksichtigung etwaiger Anspruchsübergänge zu. Die Parteien stellten ferner im Vergleich klar, dass darüber hinaus keine finanziellen Ansprüche mehr bestehen. Der Kläger forderte in einem gesonderten Klageverfahren die Nachzahlung von Bruttobeträgen. Die Beklagte forderte widerklagend eine Erstattung überzahlter Beträge, die sich u. a. aus einem Negativsaldo des Arbeitskontos ergeben sollten. Das ArbG wies die Klage ab und gab der Widerklage teilweise statt, jedoch ohne Zuerkennung eines Anspruchs auf Erstattung der Minusstunden. Das LAG entschied, dass eine Vereinbarung zum Ausgleich der Minusstunden bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis unstreitig nicht getroffen worden sei. Dem Kläger sei wegen der außerordentlichen Kündigung zudem die Möglichkeit genommen worden, Minusstunden auszugleichen. Auch die im Vergleich vereinbarte Freistellung stehe einem Erstattungsanspruch entgegen, da es dem Kläger hierdurch verwehrt gewesen sei, Minusstunden bis zum Ablauf der Kündigungsfrist einzuarbeiten. Es sei zudem nicht ersichtlich, dass die Parteien nur Guthabenstunden, nicht aber Minusstunden regeln wollten. Die Vereinbarung zur Freistellung sei vielmehr dahingehend zu verstehen, dass ein Streit über die Höhe des Arbeitszeitkontos insgesamt nicht mehr geführt werden sollte. Eine Einbringung von Guthabenstunden in die Freistellungszeit müsse ausdrücklich geregelt werden, damit ein Arbeitnehmer erkennen könne, dass der Arbeitgeber mit der Freistellung auch den Anspruch auf Auszahlung von Guthabenstunden erfüllen möchte. Gleichermaßen bedürfe es einer ausdrücklichen Regelung, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer trotz der Freistellung, die diesen an dem Abbau der Minusstunden hindert, zum Ausgleich des Negativsaldos heranziehen will. Schließlich stehe dem Anspruch auch die vereinbarte Abgeltungsklausel entgegen.