Leistungsunfähigkeit während des Annahmeverzugs
(BAG, Urteil vom 21.07.2021 – 5 AZR 543/20)
Die Parteien stritten über Annahmeverzugsvergütung des Klägers. Dieser war zunächst fünf Jahre unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt. Während der sich anschließenden Beschäftigung erkrankte der Kläger häufig arbeitsunfähig. Im Anschluss an ein Personalgespräch während des Krankenzeitraums wies die Arbeitgeberin dem Kläger keine Arbeit mehr zu und stellte die Entgeltfortzahlung ein. Der Kläger klagte auf Annahmeverzugslohn für den Zeitraum nach dem Personalgespräch. Die beklagte Arbeitgeberin legte drei vertrauensärztliche Stellungnahmen vor, wonach der Kläger krankheitsbedingt leistungsunfähig gewesen sei. Der Kläger behauptet unter Verweis auf ein Gutachten des medizinischen Dienstes arbeitsfähig gewesen zu sein.
Laut BAG geriet die Arbeitgeberin nicht in Annahmeverzug, auch wenn sie keine Arbeit mehr zuwies. In Annahmeverzug gerät ein Arbeitgeber vielmehr nur dann, wenn der auf Annahmeverzugslohn klagende Arbeitnehmer auch leistungsfähig gem. § 297 BGB ist. Ist der Arbeitnehmer während des gesamten Annahmeverzugszeitraums nicht fähig, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, gerät der Arbeitgeber auch im Falle einer Freistellung des Arbeitnehmers nicht in Annahmeverzug. Etwas anderes gelte nur dann, wenn die Parteien dies ausdrücklich vereinbart hätten. Denn die Leistungsfähigkeit ist neben dem Leistungswillen eine eigenständige Anspruchsvoraussetzung für Annahmeverzugsansprüche eines Arbeitnehmers.
Beruft sich der Arbeitgeber auf die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers i.S.d. § 297 BGB so handelt es sich um eine Einwendung, für die der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast trägt. Da er jedoch regelmäßig über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers keine nähere Kenntnis hat, reicht es aus, wenn der Arbeitgeber Anhaltspunkte vorträgt, aus denen auf eine Leistungsunfähigkeit geschlossen werden kann. Der Arbeitnehmer muss die Indizwirkung dann erschüttern.