5. April 2017
Zugang einer Erklärung – was ist sicherer: Übergabe-Einschreiben oder Einwurf-Einschreiben?
Allgemein
(BGH, Urteil vom 27.09.2016 – II ZR 299/15)
Häufig sehen Verträge oder das Gesetz vor, dass empfangsbedürftige Willenserklärungen (Kündigung, Ausüben von Optionen, bestimmte Aufforderungen etc.) mittels Einschreiben erfolgen müssen. Damit sollen Zugang und Nachweis sichergestellt werden. Der BGH hat sich mit der Frage befasst, welche der verschiedenen Arten von Einschreiben, die die Deutsche Post AG anbietet, den Anforderungen – in dem zu entscheidenden Fall für die Androhung, einen säumigen Gesellschafter auszuschließen – entspricht.
Auf den ersten Blick überrascht, dass der BGH das Einwurf-Einschreiben für sicherer hält, was den Nachweis des Zugangs angeht. Bei dieser Art wird die Sendung in den Briefkasten oder in das Postfach des Empfängers eingelegt und durch den Postboten gleichzeitig ein Auslieferungsbeleg erstellt, der elektronisch archiviert wird und dem Versender zur Verfügung steht. Bei Beachtung dieses Verfahrens streitet, so der BGH, bei Vorlage von Einlieferungs- und Auslieferungsbeleg der „Beweis des ersten Anscheins“ für den Zugang.
Beim „Übergabe-Einschreiben“ wird die Sendung dem Empfänger nur gegen Unterschrift ausgehändigt und damit ein eindeutiger Nachweis des Zugangs erbracht. Wird dieser jedoch nicht angetroffen, hinterlässt der Postbote eine schriftliche Benachrichtigung, wo der Brief innerhalb von 7 Werktagen abgeholt werden kann. Holt der Adressat diesen nicht ab, ist nach der Rechtsprechung kein Zugang erfolgt, sofern nicht besondere Umstände dazu führen, dass dieser sich nach Treu und Glauben nicht darauf berufen kann, die Sendung sei ihm nicht zugegangen. Der BGH sieht beim Übergabe-Einschreiben daher ein höheres Risiko für den Zugang und dessen Nachweis.