Unwirksamkeit einer Kündigung wegen Widerspruchs zum zuvor erteilten Zwischenzeugnis
LAG Hamm, Urteil vom 03.05.2022 – 14 Sa 1350/21
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten. Diese behauptet, der Kläger habe ihren Geschäftsführer am Tag vor Ausspruch der Kündigung beleidigt und körperlich bedrängt. Nach diesem im Einzelnen streitigen Vorfall erteilte die Beklagte dem Kläger ein Zwischenzeugnis mit folgender Leistungs- und Verhaltensbeurteilung: „Er erledigt die ihm übertragenen Arbeiten stets zu unserer vollsten Zufriedenheit. Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen ist immer einwandfrei“. Bei Übergabe des Zeugnisses erklärte der Geschäftsführer, der Kläger könne sich mit diesem Zwischenzeugnis ja bewerben.
Sowohl die außerordentliche als auch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung sind nach dem LAG unwirksam. Aufgrund ihres im Hinblick auf das erteilte Zwischenzeugnis widersprüchlichen Verhaltens könne sich die Beklagte wegen des hierin liegenden Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB nicht mehr auf diese Gründe berufen. Mit der Formulierung im Zwischenzeugnis, das Verhalten des Klägers gegenüber Vorgesetzten und Kollegen sei „immer einwandfrei“ gewesen, habe die Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass das Verhalten des Klägers im Arbeitsverhältnis bis zur Ausstellung des Zwischenzeugnisses nicht zu beanstanden war. Durch die Aushändigung des Zeugnisses habe die Beklagte sich gegenüber dem Kläger dahin gebunden, dass sie die ggf. eine schlechte Leistungs- und Verhaltensbeurteilung rechtfertigenden Vorgänge nicht mehr zu seinen Lasten berücksichtigen wolle.