2. Mai 2021

Versorgungsausgleich bei langer Trennungszeit

Familienrecht

(OLG Dresden, Beschluss vom 17.12.2020, 18 UF 371/20)

Das Oberlandesgericht Dresden hatte über die Durchführung des Versorgungsausgleichs zu entscheiden, bei dem die Eheleute 1987 geheiratet hatten und sich 1998 trennten. Der Scheidungsantrag wurde im Jahr 2019 zugestellt. Es steht einer Ehezeit von 32 Jahren ein Trennungszeitraum von 21 Jahren gegenüber. Der ausgleichspflichtige Ehemann hat daher beantragt, die Übertragung von Rentenanwartschaften auf die ausgleichsberechtigte Ehefrau auszuschließen.

Das Oberlandesgericht als Beschwerdeinstanz hat diesem Antrag teilweise stattgegeben mit der Begründung, dass der Versorgungsausgleich nicht durchzuführen sei, da die Eheleute 2/3 des Zeitraums der Ehe bereits getrennt gelebt hätten.

In diesem Fall sei davon auszugehen, dass die durch die Ehe angelegte wirtschaftliche Gemeinschaft nicht mehr bestehe, vielmehr von ihrer Aufhebung auszugehen sei. Etwas anderes könne nur dann gelten, falls konkrete Umstände eine anderweitige Annahme rechtfertigten.

Sind aus der Ehe minderjährige Kinder hervorgegangen, soll unter Berücksichtigung von      § 27 VersAusglG die Zeit der Ausschluss des Versorgungsausgleichs herausgenommen werden, in der der ausgleichsberechtigte Ehegatte gemeinschaftliche minderjährige Kinder versorgt und betreut hat.

Das OLG Dresden folgt hiermit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs nur für die Zeit nach Volljährigkeit gemeinsamer Kinder vorzunehmen. Grund hierfür sei, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte die Aufgabe der Versorgung der gemeinschaftlichen Kinder, die aus der Ehe resultiert, alleine übernommen hat.

Hierbei ist es unerheblich, ob er auch während dieser Zeit in der Lage war, eigene Rentenanwartschaften, die im übrigen wiederum ausgleichspflichtig wären, aufzubauen.

 

 

28. April 2021

Zugewinn

Familienrecht

(OLG Köln, Beschluss vom 26.08.2020 – 10 UF 114/19)

 

Das Oberlandesgericht Köln hatte in einem Rechtsstreit zwischen Eheleuten über den Zugewinnausgleich zu entscheiden. Unter den Eheleuten war u.a. die Frage streitig, wie Steuererstattungen zu den Stichtagen des Anfangs- und Endvermögens zu berücksichtigen sind. Des Weiteren war die Anerkennung von Vorfälligkeitsentschädigungen bei der Bewertung von Immobilienvermögen streitig, die daraus resultierten, dass der betreffende Ehegatte nach Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens, also nach dem Stichtag zur Bemessung des Endvermögens, seine Immobilie verkauft hatte und das der Finanzierung dienende Darlehen ablöste.

 

Steuererstattungen, so das Oberlandesgericht Köln unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, sind erst zum Zeitpunkt ihres Entstehens zu bilanzieren. In dem zu entscheidenden Fall hatten die Eheleute im Laufe des Jahres 2000 geheiratet. Die Steuererstattung für den Veranlagungszeitraum 2000 erhielt der Ehemann erst im Jahre 2001. Der Anspruch entstand erst mit Ablauf des Kalenderjahres, so dass die Steuererstattung seinem Anfangsvermögen nicht hinzuzurechnen war, da sie vor Jahresende 2000 geheiratet hatten.

 

Eine Vorfälligkeitsentschädigung entsteht, wenn ein Darlehen vorzeitig, also vor Ablauf von Zinsbindungsfristen oder Kündigungsfristen zurückgezahlt wird, und ist bei der Bewertung einer Immobilie im Endvermögen nach zutreffender Auffassung des Oberlandesgerichts Köln nicht zu berücksichtigen.

 

Es sei ein Unterschied zur Berücksichtigung der latenten Steuer bei der Bewertung von Firmenvermögen. Nach Bewertungsrichtlinien wird hier die Steuerlast vermögensmindernd berücksichtigt, die entstehen würde, wenn das Unternehmen an Dritte veräußert würde. Die Veräußerung wird für die Bewertung simuliert.

 

Das Oberlandesgericht vertritt hier die Auffassung, dass die latente Steuer unvermeidbar ist, bei der Veräußerung der Immobilie allerdings Vereinbarungen zwischen Darlehensgeber und

 

Darlehensnehmer oder Verkäufer und Erwerber getroffen werden könnten, wodurch die Vorfälligkeitsentschädigung vermieden wird. Sie ist daher kein Abzugsposten im Endvermögen des Ehemannes.

 

 

 

24. November 2020

Betreuung während Corona

Familienrecht

(AG Aachen, Beschluss vom 15.05.2020 – 220 F 136/20)

Grundsätzlich entscheidet der Elternteil, bei dem das minderjährige Kind lebt, ob bestimmte Formen der Betreuung erforderlich sind und eingerichtet werden. Hierzu gehört grundsätzlich auch die Betreuung durch die Schulen, so auch die Notbetreuung zur Aufrechterhaltung der Präsenzbeschulung während der Coronapandemie.

In dem vom Amtsgericht Aachen zu entscheidenden Fall hatte sich jedoch der Vater ausdrücklich an die Schule gewandt und die Notbetreuung untersagt. Durch dieses Verhalten des Vaters hat die Frage der Beschulung des Kindes während der Pandemie eine derartige Relevanz erlangt, so dass es sich bei der Entscheidung über eine Betreuung um eine Frage von erheblicher Bedeutung gemäß § 1628 BGB handelt.

Das Amtsgericht Aachen hat daher angenommen, dass die Mutter, die eine neue Arbeitsstelle angenommen hatte, alleine entscheidet, ob die Kinder auf die Notbetreuung angewiesen sind. Die Mutter hatte nachgewiesen, dass für sie am Arbeitsplatz Präsenzpflicht besteht.

Ergänzend führt das Familiengericht Aachen aus, dass die durch die Schule angebotene Notbetreuung gegenüber der Betreuung im Haushalt der Mutter die bessere Alternative sei.

Die Bedenken des Vaters wegen höheren Infektionsrisikos der Kinder hat das Familiengericht Aachen mit Hinblick auf die geforderten Schutzmaßnahmen zurückgewiesen.

8. Juni 2020

Covid19: Kinderbonus in Höhe von mit Euro 300 für jedes Kind

Familienrecht

Die Bundesregierung hat beschlossen, Familien mit Kindern wegen der Coronakrise mit einem Kinderbonus in Höhe von mit Euro 300 für jedes Kind zu unterstützen. Beabsichtigt ist, den Kinderbonus in drei Raten von Euro 100 zu zahlen. Die Zahlung soll gemeinsam mit dem staatlichen Kindergeld erfolgen, so dass statt des Kindergeldes in Höhe von Euro 204 für drei Monate Euro 304 gezahlt werden. Ab wann die Zahlungen erfolgen, steht noch nicht fest.

Bei Elternteilen, die nicht zusammen leben, erhält derjenige Elternteil das staatliche Kindergeld, in dessen Haushalt das Kind/die Kinder leben. Bei der Berechnung von Kindesunterhalt, den der Elternteil zahlen muss, in dessen Haushalt das Kind nicht lebt, wird die Hälfte des staatlichen Kindergeldes, also Euro 102, auf den Tabellenunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle verrechnet. Um diesen Betrag reduziert sich also der geschuldete Kindesunterhalt.

Es wäre daher konsequent, dass in den Monaten, in denen der Elternteil, bei dem das jeweilige Kind lebt, Euro 100 an Kinderbonus zusätzlich erhält, sich die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt des zahlungspflichtigen Elternteils um Euro 50 reduziert.

19. April 2020

Kindeswohlgefährdung

Familienrecht

(BGH, Beschluss vom 06.02.2019, XII ZB 408/18)

Ein Fall der Kindeswohlgefährdung gemäß § 1666 Abs. 1 BGB wird angenommen, wenn eine derzeit festgestellte Gefahr vorliegt, die erwarten lässt, dass bei einer unveränderten Entwicklung der gegebenen Zustände das geistige und leibliche Wohl des betreffenden Kindes mit Wahrscheinlichkeit gefährdet ist. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit muss auf tatsächlich vorliegenden Verdachtsmomenten beruhen. Die Annahme einer nicht konkreten, sondern nur abstrakten Gefährdung ist nicht ausreichend.

Je schwerer der für das Kind zu befürchtende Schaden zu erwarten ist, desto geringer sind die Anforderungen an die Feststellung der Wahrscheinlichkeit zu stellen. Die Wahrscheinlichkeit und Schwere des zu erwartenden Schadens ist auch maßgeblich für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in das Recht der elterlichen Sorge.

Die bedeutet, dass nur bei einer hohen Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts beim Kind eine Entziehung oder teilweise Entziehung der elterlichen Sorge zulässig ist. Auf der einen Seite muss dem Staat die Möglichkeit gegeben werden, durch einen Eingriff den Schadenseintritt beim Kind abzuwenden, auf der anderen Seite ist allerdings bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung geboten, möglicherweise weniger eingreifende Maßnahmen festzusetzen. Es ist daher immer im Spannungsfeld zwischen der Gefährdung des Kindeswohls und dem Eingriff in die gesetzlich geschützt elterliche Sorge zu differenzieren.

Maßgeblich ist allerdings das Kindeswohl.

 

31. Januar 2020

Ausbildungsunterhalt Volljähriger

Familienrecht

(BGH, Beschluss vom 03.05.2017, XII ZB 415/16)

Der Bundesgerichtshof hatte in einem Fall über den Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil zu entscheiden. Die Tochter hatte wegen der numerus-clausus-bedingten Wartezeit zunächst eine Ausbildung abgeschlossen und, da noch immer kein Studienplatz zugewiesen worden war, 2 ½ Jahre in dem erlernten Beruf gearbeitet. Erst im Alter von 26 Jahren hat sie sodann nach Zuteilung eines Studienplatzes das Studium begonnen und nunmehr Unterhalt begehrt.

Der Bundesgerichtshof hat den Anspruch zurückgewiesen. Auch wenn die Eltern während der Ausbildung keinen Unterhalt gezahlt haben, ist ein Unterhaltsanspruch nicht zuzusprechen, da in Anbetracht der Ausbildung und des daraufhin ausgeübten Berufes im Alter von 26 Jahren nicht mehr damit gerechnet werden musste, noch auf Unterhalt in Anspruch genommen zu werden. Entsprechend hätten die Eltern disponiert, ein kreditfinanziertes Eigenheim erworben und Konsumentenkredite aufgenommen.

 

12. November 2019

Miteigentumsrecht

Familienrecht, Immobilienrecht

(OLG Bremen, Beschluss vom 22.08.2017, 5 WF 62/17)

Steht eine Immobilie im gemeinsamen Eigentum von Eheleuten, hat ohne die Geltendmachung eines wichtigen Grundes der Ehegatte, der die Immobilie verlassen hat, keinen Anspruch auf Zutritt.

Ein derartiger Grund liegt nicht vor, wenn der Ehegatte die Immobilie gemeinsam mit einem Immobilienmakler besichtigen will, um das Objekt zu veräußern, der andere Ehegatte der Veräußerung widerspricht und das Teilungsversteigerungsverfahren betreibt.

 

31. August 2019

Wechselmodell

Familienrecht

(Kammergericht im Beschluss vom 13.04.2017, 16 U F 8/17)

Ist das Verhältnis der Eltern von erheblichen Konflikten belastet, dürfte im Regelfall das paritätische Wechselmodell dem Kindeswohl nicht entsprechen.

 

31. August 2019

Ausgleichszahlung Schwiegereltern

Familienrecht

(OLG Bremen, Beschluss vom 12.07.2017, 4 U 1/17)

Haben Eltern Arbeitsleistungen zugunsten der Immobilie des Schwiegerkindes erbracht, stehen ihnen Zahlungsansprüche wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu, falls die Ehe zwischen dem eigenen Kind und dem Schwiegerkind als Grundlage im Sinne von § 313 Abs. 1 BGB gescheitert ist.

Die vorgenannten Ansprüche unterliegen der Regelverjährung nach § 195 BGB und sind keine familienrechtlichen Ansprüche gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F.

 

5. Mai 2019

Versorgungsausgleich

Familienrecht

(OLG Bremen, Beschluss vom 24.05.2017, 4 UF 152/16)

Wird durch Ehevertrag der Versorgungsausgleich ausgeschlossen und beruft sich im Scheidungsverfahren ein Ehegatte auf den Ausschluss, muss das Gericht eine Wirksamkeitskontrolle vornehmen.

Hierbei ist zwischen einer Inhaltskontrolle zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Ausschlusses und der Wirksamkeitskontrolle zum Zeitpunkt beim Scheitern der Ehe zu unterscheiden.

Hält der Ausschluss einer Wirksamkeitskontrolle nicht statt, ist die Regelung dergestalt anzupassen, dass eine Nachteilsausgleichung des betroffenen Ehegatten zu Lasten des begünstigen Ehegatten erfolgt.